Frühneuzeitliche Institutionen in ihrem sozialen Kontext. Praktiken lokaler Politik, Justiz und Verwaltung im internationalen Vergleich

Projektvorstellung

von Stefan Brakensiek (Bielefeld/Kassel), Josef Hrdlicka (České Budějovice) und András Vári (Budapest/Miskolc)

In České Budéjovice, Budapest und Kassel hat im Januar 2002 ein international vergleichendes Forschungsprojekt begonnen, das die gerichtliche und administrative Praxis in einer tschechischen, einer ungarischen und einer deutschen Region im Zeitalter des Absolutismus untersucht. Gefördert wird das Vorhaben von der Volkswagen-Stiftung innerhalb des Schwerpunktes „Einheit in der Vielfalt? Grundlagen und Voraussetzungen eines erweiterten Europas“. Das Projekt zielt darauf ab, Gemeinsamkeiten und spezifische Unterschiede innerhalb eines wichtigen Strangs der historischen Entwicklung in Mittel- und Südosteuropa herauszuarbeiten. Ausgangspunkt der Überlegungen ist, dass die untersuchten Regionen – unbeschadet der Differenz zwischen eher ständestaatlichen oder adelsdominierten Regionen in Böhmen wie in Ungarn [1] und eher fürstenstaatlich verfassten Reichsterritorien – an der gemeineuropäischen Entwicklung rechtlicher und politischer Institutionen teilhatten. Im Zentrum der Analyse steht das Handeln von Personen, die in lokalen Institutionen [2] des 17. und 18. Jahrhunderts tätig waren, genauer: amtliches und außerdienstliches Handeln von Stadträten, Richtern und anderen Amtsträgern an Niedergerichten und in Verwaltungen von Territorial- und Gutsherrschaften.

Stellung des Projekts innerhalb der Forschungstraditionen

Die Frühneuzeit gilt als eine Epoche der institutionellen Innovationen. Seither bedürfen Recht und Verwaltung, wollen sie Legitimität und Geltung beanspruchen, schriftlicher Formen. Mit den Schlagworten „Staatsbildung“ und „Verrechtlichung“ hat man die miteinander verflochtenen Prozesse der Ausdifferenzierung von Behörden und administrativen Verfahren sowie der Weiterentwicklung von rechtlichen Normen auf den Begriff bringen wollen. Entsprechend stehen seit langem Behörden und Gerichte im Mittelpunkt von Untersuchungen zur Entwicklung frühmoderner Herrschaftsformen. Zumeist ging es in der Historiographie zur Geschichte der Habsburger Monarchie und des Alten Reiches um die Genese, den Aufbau und die Funktionsweise dieser Organisationen und um die sich wandelnden Regeln, auf denen sie beruhten. Häufig thematisieren die Studien auch die Personen, die darin tätig waren, beschränken sich dabei jedoch entweder auf den dort herrschenden Geist, dessen Wandel als Motor institutioneller Veränderungen gedeutet wird, oder konzentrieren sich auf die Geschichte des Personals als einer sozial und politisch bedeutsamen Elite.

Die Reichweite dieser Erklärungsansätze wird in der internationalen Forschung seit längerem kritisch beurteilt. So wichtig der organisatorische Aufbau von Behörden und Gerichten und die in ihnen geltenden Regeln sind, so verdienstvoll auch die prosopographische Identifikation der maßgeblichen Amtsträger ist, so deutlich ist auch, dass solche verwaltungs-, rechts- und sozialgeschichtlichen Herangehensweisen das Handeln der Amtsträger und die Wirkungsweise von Institutionen nicht vollständig erschließen. Die Funktionsweise frühneuzeitlicher Politik, Rechtsprechung und Verwaltung beruhte nicht allein auf dem Zusammenwirken von Personen, die in institutionalisierten Beziehungen zueinander standen, sondern wesentlich auch auf Bindungen, die durch persönliche Loyalitäten geprägt waren. Erst wenn die Interaktionen von Akteuren innerhalb der Institutionen sowie zwischen ihnen und Aussenstehenden zum Gegenstand der Untersuchung gemacht werden, erhalten wir einen angemessenen Zugang zur zeitspezifischen Funktionsweise und gesellschaftlichen Bedeutung von politischen Gremien, Gerichten und Behörden. Diese akteurszentrierte Perspektive hat zudem den Vorteil, dass sie Möglichkeiten des Vergleichs zwischen Regionen mit unterschiedlichen politischen Entwicklungswegen eröffnet.

Die Historiographie zur Frühen Neuzeit, insbesondere die Justizforschung, hat in den letzten Jahren in Abkehr vom Absolutismus-Paradigma die Durchsetzungsschwäche des frühneuzeitlichen Fürstenstaates betont. [3] Diese Perspektive ist geeignet, der ehedem betonten Differenz zwischen stände- und fürstenstaatlich verfassten Regionen Europas etwas von ihrer Schärfe zu nehmen. Angesichts ihrer personellen Schwäche auf lokaler Ebene stellte sich frühmodernen Herrschaften ganz allgemein die Frage, wie sie dafür sorgten, dass ihren Anordnungen Folge geleistet wurde. Das Forschungsprojekt versucht Antworten auf diese Frage zu finden, indem es von der Hypothese ausgeht, dass die lokalen Amtsträger frühneuzeitlicher Herrschaften eine Vielfalt institutionalisierter und informeller Beziehungen aufgebaut haben, um ihre Amtsstellung im Sprengel abzusichern und ihren Anweisungen den nötigen Nachdruck verleihen zu können. Von strategischer Bedeutung waren dabei ihre Beziehungen zu den kommunalen Autoritäten, das heißt zu den städtischen Magistraten und den Dorfvorstehern, die einerseits von den herrschaftlichen Amtsträgern in vielen Hinsichten abhingen, ohne deren Kooperation jedoch auch „kein Staat zu machen war“. Erst die Analyse dieses mikropolitischen Verhältnisses ermöglicht es – so die Hypothese des Projekts – die spezifische Funktionsweise des frühmodernen politischen Systems zu erfassen.

Neuere Arbeiten zur Praxis frühmoderner Policey im Alten Reich legen den Gedanken nahe, dass sowohl die Normgebung als auch die flexible Handhabung von Normen auf intensiven Kommunikationsprozessen zwischen den verschiedenen Obrigkeiten und den Untertanen in Stadt und Land basierten. [4] Dabei ist deutlich geworden, dass sich die miteinander kommunizierenden Parteien eines gemeinsamen Vokabulars bedienten, das um die zentralen Begriffe „öffentliches Wohl“, „gemeines Bestes“ und „Billigkeit/Gerechtigkeit“ gruppiert werden kann. Ohne die Unterschiede in unzulässiger Form nivellieren zu wollen, sind doch Ähnlichkeiten zum Argumentationshaushalt der Stände in Ostmitteleuropa zu erkennen. Gemeinsam ist den Begriffen, dass sie zwar einen ethischen Referenzrahmen für das Handeln aller Beteiligten abstecken, dass sie jedoch zu unbestimmt sind, um die Erfolgsaussichten von konkreten Vorhaben einzelner Personen oder Gruppen abschätzen zu können.

Das Projekt spürt dem Handeln in Institutionen auf lokaler und regionaler Ebene nach, was die Untersuchung möglichst vielfältiger Verflechtungszusammenhänge impliziert, in die örtliche Akteure eingebunden waren. Diese Beziehungen konnten sich – je nach Kontext – auf den jeweiligen Ort beschränken, häufig reichten sie jedoch darüber hinaus. Wir gehen davon aus, dass sich wesentliche Bestandteile der politischen Kultur des frühneuzeitlichen Europa erschliessen lassen, wenn geklärt wird, in welcher Weise personale Verbindungen und formalisierte Wege bei der Herbeiführung und Durchsetzung von Entscheidungen zusammenspielten, gegeneinander wirkten und sich wechselseitig durchdrangen. Das bedeutet zugleich, dass die Stadträte, Gerichte und Verwaltungen als Organisationen nicht aus dem Blick geraten dürfen. Die ihnen inhärente Entwicklungsdynamik, insbesondere die zumindest partiell autonome Geltung des Rechts und die hiervon ausgehenden Impulse, müssen als wesentliche Faktoren der Entwicklung im Europa der frühen Neuzeit bedacht werden.

Methoden

Methodisch lässt sich diese leitende Idee nur im Rahmen kleinräumiger Studien umsetzen. Der Vergleich zwischen Regionen in Böhmen, Ungarn und Hessen soll eine Engführung der Perspektive vermeiden helfen. Er ermöglicht die Einordnung von empirischen Befunden aus den regionalen Fallstudien in einen weiten interpretatorischen Rahmen. Zugleich dient die komparatistische Herangehensweise der Weiterentwicklung von Methoden und forschungsleitenden Begriffen. Es handelt sich um einen analytischen Spezialvergleich, der weder in erster Linie individualisierend verfährt, d.h. es vor allem darauf anlegt, die Spezifika in den untersuchten Regionen bzw. Nationen herauszuarbeiten, noch generalisierend ganze Kulturen oder Gesellschaften vergleicht. Gemäß der Einteilung von Charles Tilly geht es um eine Mischung aus incompassing comparison – also einen Vergleich verschiedenartiger Entwicklungen in Bezug auf in allen untersuchten Regionen vorhandene Institutionen – und variation-finding comparison – die Untersuchung von regionalen bzw. nationalen Variationen in Bezug auf einen allgemeinen Entwicklungsweg: Prozesse der Herrschaftsverdichtung erfassten zwar ganz Europa, allerdings in unterschiedlicher Weise und Intensität sowie zu unterschiedlichen Zeiten. [5]

Um auch informelle Beziehungen zwischen Akteuren zu erschliessen, haben die empirischen Sozialwissenschaften in Westeuropa und den Vereinigten Staaten in den vergangenen dreissig Jahren mit der Verflechtungs- und Netzwerkanalyse eng miteinander zusammenhängende Methoden entwickelt. [6] Von Wolfgang Reinhard stammt ein Vorschlag, wie Historiker die Methode der Verflechtungsanalyse für ihre Zwecke nutzbar machen können. [7] Zur Erforschung frühneuzeitlicher Eliten schlägt er vor, diejenigen Beziehungen zu untersuchen, die auf Verwandtschaft, Landsmannschaft, Freundschaft und Patronage beruhten. Dabei ist die Funktionsweise von frühneuzeitlicher Politik vor allem im südlichen und westlichen Europa mit dem Phänomen ‚Klientelismus’ in Zusammenhang gebracht worden. [8] Seit den achtziger Jahren sind auch in Deutschland einige empirische Studien erschienen, die mit dem Modell ‚Klientelismus’ arbeiten. [9] Vor allem ist auf den Sammelband des Historischen Kollegs hinzuweisen, dessen Beiträge auf die von Antoni Mączak angeregte Tagung aus dem Jahr 1984 zurückgehen. [10] Gleichwohl stehen diese Arbeiten ein wenig isoliert in der historiographischen Landschaft, trotz der mittlerweile gängigen Redeweise von den ‚Netzwerken’, die allenthalben entdeckt, aber nur selten systematisch untersucht werden. Für die Habsburger Monarchie und das Alte Reich ist in wichtigen Bereichen ungeklärt, wie die Personennetzwerke beschaffen waren, welche Bedeutung sie in Entscheidungsprozessen erlangten, in welche Bereiche des politischen, administrativen und justiziellen Handelns sie hineinwirkten und in welche nicht. [11] Im Zusammenhang mit dem Klientelismus ist weiterhin nicht geklärt, wie dauerhaft die Beziehungen zwischen Patronen und ihren Klienten waren, ob sie rein instrumentellen Charakter hatten oder ethischen Prinzipien folgten. Auch fehlt es an Untersuchungen, die der Frage nachgehen, wie es um die Kultur der Patronage bestellt war und in welcher Weise Klientelbeziehungen sprachlich und symbolisch kodiert wurden. Erst wenn Patronage nicht länger ausschliesslich instrumentell gedeutet sondern als kulturelle Form ernst genommen wird, wird man sie zu anders gearteten Formen institutioneller, verwandtschaftlicher, freundschaftlicher, nachbarschaftlicher, religiöser und politisch-weltanschaulicher Bindungen in Beziehung setzen können. [12]

Auch wenn es derzeit zum guten Ton gehört, von Netzwerken zu sprechen, gibt es nur wenige empirische Arbeiten zur frühneuzeitlichen Politik, Justiz und Verwaltung in der Habsburger Monarchie und im Alten Reich, die das Handwerkszeug der Verflechtungsanalyse nutzen. Weiterhin besteht ein großer Kontrast zwischen den zahlreichen Studien zur Rolle von Familie [13] und Patronage [14] im mediterranen Raum und in Westeuropa [15] und der vergleichsweise bescheidenen Forschungslage für das mittlere und südöstliche Europa. Für diese auffällige Diskrepanz ist vermutlich nicht die mangelnde Bedeutung von familialen und klientelaren Strukturen in Mittel- und Südosteuropa verantwortlich.

Innerhalb der Historiographie zum Alten Reich ist das Fehlen von Verflechtungsanalysen auf zwei Faktoren zurückzuführen: Einerseits ist auf tief verwurzelte nationale Stereotype zu verweisen, die mit dem Phänomen informeller Netzwerke nicht in Einklang zu bringen sind. Andererseits besteht für das protestantische Deutschland ein wesentliches Hindernis in der Quellenlage, die sich für den mediterranen Raum um einiges vorteilhafter darstellt. Die Ausprägung einer Kultur der Patronage, die Entwicklung einer symbolischen Ordnung mit den zugehörigen Ritualen und Sprachen des Gehorsams und der Loyalität sowie deren Gegenstück, den Sprachen von Huld und Gnade, von Rat und materieller Unterstützung, scheint eng mit der katholischen Frömmigkeit mediterraner Ausprägung verknüpft zu sein. Die Intermediarität, die Fürbitte der Heiligen, und die Beichte stellten die kulturellen Muster für die Patronage bereit, so dass Klientelismus in den Quellen einfacher als solcher zu identifizieren ist. Ob vergleichbare Phänomene in Ungarn und Böhmen festzustellen sind, steht zu untersuchen. [16] Dagegen bietet die protestantisch geprägte politische Kultur vor allem im Norden des Alten Reiches keine vergleichbar entfalteten Sprachspiele, Symbole und rituelle Praktiken. Möglicherweise bildeten die familialen Bindungen in protestantischen Territorien ein ähnlich ausdifferenziertes Gegenstück. Wie jedoch verwandtschaftliche Bindungen in den unterschiedlichen Institutionen wirkten, wo die jeweiligen Grenzen des höchst variablen Phänomens ‚Verwandtschaft’ verliefen, und welchem Wandel sie unterlagen, bedarf der Erforschung. [17]

Von einer verflechtungsanalytischen Herangehensweise profitiert die Untersuchung aller Institutionen, die bindende Entscheidungen trafen und über die Verteilung von knappen Ressourcen (materielle Güter, Stellen und Pfründen, Ehre) entschieden. Die Phänomene ‚familialer Einfluß’, ‚Patronage’, ‚landsmannschaftliche Bindung’ und ‚Freundschaft’ findet man vor allem dort, wo die Entscheidungen über Ressourcen nicht ausschließlich marktförmig und nicht überwiegend formalisiert, sondern innerhalb hierarchischer sozialer Systeme getroffen werden. Das Paradebeispiel bildet die Reichskirche mit ihren spezifischen Mustern der Ämtervergabe, zu denen substanzielle Studien vorliegen. [18] Weiterhin sei auf die Geschichte reichsstädtischer Eliten hingewiesen, die ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Verflechtungszusammenhänge gut erforscht sind. [19]

Besonders wertvolle Ergebnisse erbringt die Verflechtungsanalyse bei der Untersuchung der Schnittstellen zwischen verschiedenen Sphären des Handelns, wo kommunale, regionale und überregionale Handlungsbereiche aneinandergrenzen und Akteure, die in diesen verschiedenen Institutionen beheimatet sind, interagieren. An diesen Schnittstellen eröffnen sich Freiräume für Vermittler von Ressourcen und für Makler der Politik. Wer den Transfer von ökonomischem und sozialem Kapital über diese Grenzen hinweg organisierte, dem winkten besonders hohe Profite, der war allerdings auch besonders gefährdet durch neiderfüllte Konkurrenten. [20]

Netzwerkanalytische Verfahren, wie sie von der empirischen Sozialwissenschaft entwickelt worden sind, lassen sich nicht umstandslos auf historische Gegenstände übertragen. Anders als Sozialwissenschaftler schaffen sich Historiker ihre Daten nicht selbst durch Umfragen, sondern sind auf die überlieferten Quellen angewiesen. Allerdings eröffnet die systematische Verknüpfung unterschiedlicher Quellengattungen mithilfe von Datenbanken neue Einsichten auch auf der Grundlage im Prinzip bekannter Überlieferung. Man gewinnt durch die Analyse von seriellen Daten Indizien für mögliche Verflechtungszusammenhänge, deren quellengestützter Nachweis immer nur am Einzelfall durch die Untersuchung von Suppliken, Visitationsprotokollen und Prozessakten sowie Briefen und autobiographischen Materialien gelingen kann. [21] Um den Arbeitsaufwand in vertretbaren Dimensionen zu halten, arbeitet das Projekt mit zeitlichen Querschnitten, die dort gelegt werden, wo solche besonders aussagekräftigen Quellen vorliegen.

Die empirische Forschungsarbeit erfolgt im Rahmen von Regionalprojekten zu den ungarischen Komitaten Szatmár und Sopron (Ödenburg), zur Herrschaft Jindřichův Hradec (Neuhaus) im südlichen Böhmen sowie zur Provinz Niederhessen sowie zum Amt Grebenstein in der Landgrafschaft Hessen-Kassel. Sie wird von András Vári (Universität Miskolc), Vaclav Bůžek (Südböhmische Universität České Budéjovice) sowie Heide Wunder und Stefan Brakensiek (Universität Kassel) geleitet; regelmäßige Arbeitstreffen und der Austausch von Berichten gewährleisten die Koordination der Projektgruppen.

Die ungarischen Komitate Szatmár und Sopron (Ödenburg)

International vergleichende Analysen müssen zur Lösung des Problems gelangen, wie man vernünftigerweise an die je eigene Forschungstradition anknüpfen kann, jedoch zugleich so weit wie möglich eine Vergleichbarkeit mit den anderen Untersuchungsregionen herstellt. Nun behauptet die ungarische Historiographie zur frühen Neuzeit traditionellerweise etwas völlig anderes als die deutsche: Hier galten nicht die werdenden Staaten (bzw. die Fürsten an deren Spitze) als allmächtig, sondern die Stände, denen man zugleich ein hohes Maß an Traditionalität nachsagte. [22] Zwar wurde mit dem Aufblühen der Sozialgeschichte den inneren, ‚schleichenden’ Modernisierungsprozessen innerhalb der Komitatsorgane und im Ständewesen überhaupt zunehmend Beachtung geschenkt, [23] der Ausgangspunkt für die Untersuchung des ständisch-fürstlichen Dualismus ist gleichwohl ein anderer als in den deutschen Territorialstaaten.

Deshalb war die Wahl der beiden ungarischen Untersuchungsgebiete bestimmt von Überlegungen zur Vergleichbarkeit: Das Komitat Sopron im 17. und das Komitat Szatmár im 18. Jahrhundert liegen irgendwo auf halbem Wege der institutionellen Entwicklung: Man findet zwar die Grundformen der europäischen Sozialgeschichte, jedoch mit genügend ungarischen Eigenarten, um den Anschluss an die eigene historiographische Tradition gewährleisten zu können. Es seien vier strukturelle Eigenarten und ihre spezifischen Auspägungen benannt: Erstens sollte die Siedlungsstruktur nicht völlig anders als im westlichen Europa beschaffen sein. Es sollte Städte und Dörfer geben, wodurch die mittleren Landesteile Ungarns ausschieden, die von den Türken verwüstetet und im 18. Jahrhundert auf der Grundlage großer Ackerbürgerstädte wiederaufgebaut wurden. [24] Als zweites Strukturmerkmal sollte das Untersuchungsgebiet ein für Ungarn charakteristisches Nebeneinander von Formen der Gutsherrschaft mit erheblichen bäuerlichen Freiräumen aufweisen. Die genannten Freiräume genossen die Bauern in unterschiedlicher Gestalt – als Wehrbauern (Heiducken), als Bewohner von Mediatstädten, als marktorientierte Weinbauern, als Pächter von Wüstungen. [25] Genau dies trifft für das Komitat Szatmár und – mit Einschränkungen – für Sopron zu.

Drittens ist Konfession zu nennen: Multikonfessionalität ist der Ariadne-Faden der ungarischen Sozialgeschichte. Im Komitat Szatmár stehen einander gegenüber: die Bürger einer überwiegend reformierten königlich-freien Stadt, diejenigen einer reformierten freien Bergwerksstadt, die Ackerbürger von mehreren gemischtkonfessionellen Mediatstädten, die katholischen Magnaten, katholische deutsche Siedler, reformierte, stellenweise katholische ungarische Ackerbauern in Hörigendörfern, griechisch-orthodoxe, rumänisch-sprechende Hörige in den Waldgebieten und überwiegend reformierte ungarische Adelige. Konfession trennte und vereinte, auch politische und ökonomische Integrationsprojekte wurden durch die konfessionelle Brille wahrgenommen und gedeutet. Speziell für unsere Fragestellung: Konfession stärkte die Kooperation, wo Gruppenbildung, Aufbau von Koalitionen oder Klientenwerbung aufgrund von ‚primären’ Faktoren keine ausreichende Kohäsion fanden.

Viertens ist auf die latente Spaltung innerhalb des ungarischen Adels hinzuweisen: Zwischen dem ‚einfachen’ Komitatsadel und der kleinen Gruppe der Magnaten tat sich eine immer tiefer werdende Kluft auf. [26] Zwar stellte der Adel – abgesehen von der Mitgliedschaft auf der Herrenbank – rechtlich einen einheitlichen Stand dar. Je mehr jedoch der Wiederaufbau nach den Türkenkriegen voranschritt, sich Formen rationeller Herrschaft verbreiteten und die sozial-ökonomischen Unterschiede zunahmen, desto irrelevanter wurde diese rechtliche Gleichheit. Das Komitat, das wichtigste Forum lokaler Herrschaft, war und blieb die Domäne des regionalen Adels. Dagegen erschien im Komitat Szatmár das Haupt Magnatenfamilie, Graf Károlyi, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nur noch zur Jagdsaison.

Die Überlegungen zur Polarisierung zwischen Komitatsadel und Magnaten haben auch forschungspragmatische Konsequenzen: Zwar umfassen die Komitatsarchive eine bedeutende Überlieferung, aber die Bestände der zunehmend modernisierten Verwaltungen der großen Magnaten erlauben komplementär wichtige Befunde sowohl zu den Formen lokaler Machtausübung, als auch zu den Verwaltern lokaler Macht. Die ‚privaten’ Verwaltungen der Magnaten waren – als eigenständige wirtschaftliche, gerichtliche und polizeiliche Regelungsinstanzen – Produzenten von relevanten Archivbeständen. Die Kompetenzen der Herrschaftsverwaltung erstreckten sich qua Patrimonialgerichtsbarkeit auf Mediatstädte und Dörfer. Hinsichtlich ihrer sachlichen Bedeutung und der Zahl der Amtsträger nahmen sie verglichen mit der Komitatsverwaltung gleichen Rang ein. Entsprechend bieten ihre Personalakten die besten Quellen für die Klientelforschung. [27] Ein Problem soll jedoch nicht verschweigen werden: Gerade die grössten herrschaftlichen Verwaltungen mit der besten Aktenüberlieferung erstreckten sich über mehrere Komitate. Die darin wirkenden Personen und ihre Netzwerke sind deshalb nur unter Schwierigkeiten mit den Strukturen des Adels in den einzelnen Komitaten zur Deckung zu bringen. Auch die Grafen Károlyi besaßen drei große Besitzkonglomerate; der größte Block lag jedoch in einer einzigartigen Konzentration im Komitat Szatmár. Dazu gehörten 1827 – am Ende der untersuchten Periode – etwa 8.550 bäuerliche Anwesen, mithin mehr als die Hälfte der etwa 14.800 Urbarialbauern des Komitats. [28] Das Komitat Szatmár bildete zugleich das Stammgebiet der Károlyi, so dass sich hier sowohl alte Rivalitäten als auch Klientelverhältnisse indentifizeren lassen.

Mit dem Komitat Szatmár im 18. Jahrhundert haben wir ein Untersuchungsgebiet gewählt mit einer äußerst starken Magnatenpräsenz, einem zahlreichen Komitatsadel und einer vielschichtig gegliederten Sozialsstruktur. [29] Gleichsam als ‚Kontrollregion’ wird das Komitat Sopron (Ödenburg) herangezogen, das im Westen Ungarns liegt. Dort fanden sich zwei starke Magnatenhäuser, ein ebenfalls personenstarker Komitatsadel, eine blühende königliche Freistadt, jedoch eine etwas geringere konfessionelle Vielfalt als im Komitat Szatmár. Den größten Unterschied macht die Untersuchungsperiode aus: Hier steht das 17. Jahrhundert im Zentrum; damit ist eine größere zeitliche Nähe zu den böhmischen und hessischen Untersuchungsgebieten gegeben. Es kann jedoch von keinem vergleichbaren fürstlichen Verwaltungs- und Gestaltungsanspruch gesprochen werden. Und anders als in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist kein absolutistischer Griff nach unmittelbarer Dispositionsmacht über die Untertanen erkennbar. Während im Komitat Szatmár zeitliche Verschiebung mit größerer struktureller Vergleichbarkeit einhergeht, wollen wir Sopron zeitgleich mit der Herrschaft Neuhaus und mit der Landgrafschaft Hessen untersuchen, ohne dass wir erwarten, dort auch nur Ansätze für ‚Absolutismus’ vorzufinden. Das fügt sich in das System partieller Vergleiche des Projektes, das sich mit ähnlichen Fragestellungen strukturell nur teilweise ähnlichen Gebieten zu nähern sucht.

Im Komitat Szatmár werden die Verflechtungen innerhalb des Komitatsadels, unter den Amtsträgern der königlichen Freistadt Szatmárnémeti und der gräflich Károlyischen Herrschaftsverwaltung untersucht. Hierzu werden die Bestände der Komitatsversammlungen herangezogen, die auch die königlichen Verordnungen in Empfang nahmen und ihre Realisierung einleiteten, weiterhin die des Komitatsgerichtes, des Senats der Freistadt Szatmárnémeti, der Herrschaftsverwaltung der Károlyi sowie die Familienarchive der Grafen Károlyi und der führenden Geschlechter des Komitats.

Flankierend zur Untersuchung der Komitate läuft ein Versuch, die gleichen Fragen an die Quellen der Freistadt Szatmárnémeti zu richten. Es werden die Protokolle des Stadtrates ausgewertet und eine Datenbank der dortigen – zum Teil adligen – Amtsträger erstellt. Die gewonnenen Informationen werden dann mit den Angaben über die Amtsträger des Komitats und über das Personal der Herrschaftsverwaltungen verglichen und verknüpft. Die Freistadt Szatmárnémeti wies einerseits Gemeinsamkeiten mit zeitgenössischen deutschen Städten auf: Ähnliche Konflikte erhoben sich um Rats- und Richterstellen und in Zusammenhang mit der Vereinigung zweier unterschiedlicher Stadtteile. Andererseits fügt sich die Stadt in den Rahmen des umliegenden ungarischen Komitats: Oberhalb der städtischen Ebene „schwebte” gleichsam die gräfliche Familie, die zwar keine Obrigkeit im Rechtssinne darstellte, die aber faktisch den stärksten lokalen Machtfaktor bildete. Und in der Stadt lebten Adelsfamilien, die zwar der Stadverwaltung unterstanden, gleichwohl mit den Bürgerlichen oft im Streit lagen.

Welche sozialen Felder werden durch die aufgeführten Aktenbestände erhellt? Erwartet wird, dass man die Grundlagen lokaler Macht in einem Viereck, bestehend aus Komitatsadel, Magnatenhaus und den Amtsträgern der königlichen Freistadt sowie der Mediatstädte, aufdecken kann. Diese Grundlagen unterscheiden sich danach, je nachdem, ob die Verwalter der Macht und die „Verwaltungssubjekte“ dem selben ständischen Segment angehörten, oder nicht. Auf allen Untersuchungsebenen finden wir sowohl Formen der Selbstverwaltung, als auch obrigkeitliche Administration. Klientelbildung kann auf beiden Ebenen beobachtet werden, auffällig und von anderen sozialen Beziehungen besser unterscheidbar wird sie, wenn sich Konflikte oder Koalitionen zwischen Angehörigen unterschiedlicher ständischer Segmente ergaben. Nach Grenzüberschreitungen ist also Ausschau zu halten. [30]

Die Herrschaft Jindrichův Hradec / Neuhaus

Das tschechische Regionalprojekt untersucht die Herrschaft Neuhaus im Zeitaum von 1560 bis 1730. In diesem Zeitraum unterstand die Herrschaft nacheinander drei bedeutenden aristokratischen Familien, den Herren von Neuhaus (bis 1604), den Slawatas von Chlum und Košumberk (von 1604 bis 1691) und den Tschernins von Chudenice (seit 1691). [31] Als Zentrum diente den Herren das Neuhauser Schloss in der gleichnamigen Stadt. Mitte des 17. Jahrhunderts umfasste die Herrschaft Neuhaus zwei Städte, fünf Flecken und 96 Dörfer. Seit dem 16. Jahrhundert gab es in der Residenz eine fest strukturierte Gruppe von Personen, die – wegen der Abwesenheit der Herren aufgrund ihres politischen Engagements am Kaiserhof – die Herrschaftsverwaltung faktisch ausübte. [32] Die obrigkeitliche Bürokratie in der Kanzlei des Schlosses bildete im gesamten Untersuchungszeitraum das bedeutendste lokale Machtzentrum. [33] Das zweite Zentrum befand sich im Rathaus, wo der zwölfköpfige Stadtrat zusammentrat. [34] Zu einer Störung dieses bipolaren Musters kam es nach der Niederwerfung des böhmischen Ständeaufstands 1618 bis 1620, an dem die städtische Gemeinde teilgenommen hatte. [35] Zu den Strafen, die der katholische Herr, Wilhelm Slawata, verhängte, gehörte auch die Subordination der Stadtverwaltung unter die obrigkeitliche Kanzlei. Obwohl sich diese einseitige Machtverteilung allmählich abmilderte, vermochten die Amtsträger der Obrigkeit, Stadt und Herrschaft Neuhaus auch im weiteren 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts weitgehend zu dominieren. Dieses Modell galt auch in anderen Herrschaften Südböhmens und Südmährens, die den Herren von Neuhaus und den Slawatas gehörten und die zusammen mit der Herrschaft Neuhaus ein kompaktes Dominium bildeten (Hluboká nad Vltavou, Nová Bystřice, Telč).

Neben den zwei Zentren lokaler Macht gab es mit den Zünften und religiösen Bruderschaften innerhalb der Stadt weitere Gruppierungen, die auf verschiedene Weise politisch-sozialen Einfluss nahmen. Die kirchlichen Institutionen (Probstei und Pfarren) sowie die Orden (Jesuiten in Neuhaus und Telč, Franziskaner in Neuhaus) werden situationsbezogen in die Untersuchung einbezogen. Über die lokalen Verhältnisse hinaus werden auch die wichtigsten Träger regionaler Macht betrachtet, darunter vor allem die Kreishauptleute. Zwei Personen adligen Standes bekleideten dieses Amt in jährlichem Wechsel, die eine aus dem Herrenstand, die andere aus dem Ritterstand. [36]

Den Arbeitsschwerpunkt innerhalb des tschechischen Regionalprojekts bilden die unterschiedlichen Formen der formellen und informellen Beziehungen zwischen Personen, die sich innerhalb des skizzierten Feldes lokaler und regionaler Macht bewegten. In den analysierten Quellen brachten die Zeitgenossen ihre Beziehungen auf den Begriff „gute Freundschaft“, der sowohl zugeschriebene Beziehungen unter Blutsverwandten, als auch erworbene Beziehungen (Patenschaft, Schwägerschaft) bezeichnete. Personen, die in anderen, nicht-verwandtschaftlichen Verhältnissen zueinander standen, sprachen sich als „Bruder“, „Nachbar“ oder „Patron“ an. [37] Die Bedeutung dieser unterschiedlichen Beziehungen soll entschlüsselt werden, wobei sie sowohl inner- als auch ausserhalb von Institutionen, die an schriftliche Verfahrensregeln gebunden waren, virulent werden konnten. Im Rahmen solcher Analysen sollen die Mechanismen der Kommunikation in Herrschaft und Dominium herauspräpariert und ihre Bedeutung für die Herausbildung, Durchsetzung und Erhaltung von Machtpositionen erschlossen werden. Dazu gehört die Erforschung der Formen individueller und kollektiver Repräsentation, die vor allem auf der Interpretation von Ritualen lokaler Macht beruht. Auch der ökonomische Hintergrund lokaler Machtpositionen wird auf der Basis von obrigkeitlichen und städtischen Rechnungen und Urbaren (urbáře, berní rula, revizitace berní ruly) analysiert. [38] Die Forschung des Regionalprojekts soll zur weiteren Klärung einiger bedeutsamer Prozesse in der frühneuzeitlichen Gesellschaft beitragen. Indem das Handeln der maßgeblichen Personen, die in der obrigkeitlichen und der städtischen Verwaltung tätig waren, in ihren sozialen und politischen Kontexten untersucht wird, können die offenen Fragen nach den Grundlagen und den inneren Wirkungszusammenhängen von Rekatholisierung, Zentralisierung von Herrschaft und frühmoderner Bürokratisierung fundierter beantwortet werden.

Die wichtigste Quelle für die Forschung der erwähnten Themen ist die erhaltene Korrespondenz. Es handelt sich vor allem um Briefe zwischen der Herrschaft von Neuhaus und ihren Amtsträgern, namentlich den Hauptleuten. [39] Aus der zweiten Hälfte des 17. und dem frühen 18. Jahrhundert ist eine reiche Korrespondenz überliefert, zwischen einzelnen Amtsträgern in den verschiedenen Herrschaften [40] , zur Zeit der Tscherniner auch zwischen der Neuhauser Schlosskanzlei und der Prager Zentralkanzlei. Einen hohen Informationswert haben auch die Briefwechsel, in denen die Besitzer der Herrschaft Neuhaus mit Mitgliedern ihrer Familien, mit Angehörigen des niederen Adel in der Umgebung und mit Vertretern der kirchlichen Verwaltung standen. Unter den Quellen städtischer Provenienz sind die Ratskorrespondenz, die Ratsmanuale sowie die Protokollbücher mit den Entscheidungen des Stadtrats, mit Testamenten und Eheverträgen von großer Bedeutung. Die normative Seite lässt sich über die diversen Instruktionen der Obrigkeit für die Herrschaftsverwaltung und für den Neuhauser Stadtrat klären. Hinzu kommen individuelle Quellen, vor allem die Wirtschaftskalender mit den Tagebucheinträgen der Amtsträger der Slawata und des Stadtprimators Jiřík Pavlovský [41] sowie die Autobiographie des Jan Nikodém Mařan Bohdanecký vo Hodkov. [42] Auch die Anfangspassagen des Historické spisování (Historischen Schreibens) sind von Interesse, in denen sich der Autor Wilhelm Slawata mit den Ereignissen vor dem böhmischen Standesaufstand beschäftigt. [43] Hinzu kommen Chroniken, vor allem die umfangreichen Schriften des Neuhauser und Telčer Jesuitenkollegiums, die aufschlussreiche Beschreibungen der Festivitäten und Rituale enthalten, in denen Obrigkeit, städtischer Magistrat und Kirchenvertreter zusammenwirkten. Für die Erforschung nachbarschaftlicher Beziehungen sind die Stadttopographien [44] und im Fall des niederen Adel der Umgebung die Steuerregister (berní rejstříky) unverzichtbar.

Die Landgrafschaft Hessen-Kassel und das Amt Grebenstein

Für das deutsche Regionalprojekt wurde die Landgrafschaft Hessen-Kassel als Beispiel für ein protestantisches Reichsterritorium gewählt. Diese Auswahl beruht auf mehreren Kriterien, die dieses Territorium für Vergleiche mit Gebieten der Habsburgischen Herrschaft in Böhmen und Ungarn geeignet erscheinen lassen: Die Landgrafschaft umfasste ein hinreichend großes Gebiet, damit – ähnlich wie in den wesentlich weiträumiger strukturierten Habsburger Landen – eine gewisse Komplexität fürstenstaatlicher, kommunaler und vom Adel kontrollierter Institutionen entstehen konnte. Zudem stand Hessen-Kassel im Untersuchungszeitraum wie die anderen Gebiete vor der Herausforderung des materiellen und institutionellen Wiederaufbaus nach einem verheerenden Krieg. Die Landgrafschaft gehörte zu den armierten Mächten, so dass die lokale Politik und Verwaltung hier wie in den Habsburgischen Landen damit konfrontiert war, die Aushebung von Soldaten zu organisieren. Die hessischen Landgrafen besaßen weitgehend politische Gestaltungsfreiheit, es war ihnen ausserdem seit dem 16. Jahrhundert gelungen, ihr Territorium – nach zeitgenössischen Maßstäben – straff zu organisieren und den Einfluß intermediärer Gewalten zurückzudrängen.

Von einem der Projektleiter liegt eine Publikation zur Lebenswelt von lokalen Amtsträgern in der Landgrafschaft Hessen-Kassel im Zeitraum zwischen 1750 und 1830 vor, die als methodische Vorstudie dient. [45] Für eine „Feinanalyse“ der sozialen Verflechtungen lokaler Amtsträger wurde das Amt Grebenstein ausgewählt, das sich nördlich an die hessische Residenzstadt Kassel anschloß. Dieses Amt erfüllt wichtige Vorbedingungen: Es wies eine gewisse innere Vielfalt auf. Im Amt lagen zwei Kleinstädte (die Amtsstadt Grebenstein mit etwa 2.000 Einwohnern und die Landstadt Immenhausen mit 1.100 Einwohnern). [46] In Grebenstein befand sich der Sitz des Amtmanns, des Rentmeisters und des reformierten Metropolitans der Klasse Grebenstein. Im Amtsgebiet lagen einige für die vorindustrielle Zeit typische Gewerbebetriebe. Prägend für das Amt Grebenstein war die Landwirtschaft. In vier Kirchdörfern, fünf Haufendörfern, fünf Weilern sowie auf drei landesherrlichen Domänenvorwerken und einem Adelsgut lebte die Mehrheit der etwa 7.000 Amtseinwohner. Man findet demnach das ganze Spektrum ländlich-kleinstädtischer Lebenswelten, die für das mittlere Deutschland typisch waren.

Die Forschung kann auf Vorarbeiten zurückgreifen, die eine Identifikation von Personen sehr erleichtern. Innerhalb des Amtes Grebenstein liegen im Untersuchungszeitraum für drei Kirchengemeinden – die Stadt Grebenstein, die Dorfgemeinde Calden und die hugenottische Kolonie Mariendorf – vollständige Aufnahmen der Kirchenbücher vor. Es handelt sich um die Dokumentation der Taufen, Konfirmationen, Eheschließungen und Begräbnisse, die für Grebenstein und Calden in Form von sog. „Ortssippenbüchern“ bereits personenbezogen verknüpft wurden. [47] Lebensläufe und familiale Beziehungen (Verwandtschaft, Eheschließung, Patenschaft, Trauzeugenschaft) der ortsansässigen Bevölkerung liegen auf diese Weise rekonstruiert vor. Wegen dieser ausserordentlich guten Ausgangslage wird sich die Untersuchung auf diese drei Kommunen konzentrieren, die zudem die drei im Amt vorfindbaren Gemeindetypen (Stadtgemeinde, Kirchdorf, französische Kolonie) repräsentieren. Eine weitere wesentliche Quellengrundlage des Projekts sind die für Grebenstein, Calden und Mariendorf vorliegenden Katasterunterlagen. Auf dieser Basis können einzelne Personen durch Angaben zur Berufstätigkeit sowie durch Rekonstruktion ihres Boden- und Hausbesitzes sozial verortet werden. [48]

Beabsichtigt ist ein Beitrag zur Mikropolitik innerhalb des Amtes Grebenstein, als der Basiseinheit eines frühmodernen Fürstenstaats. Die lokalen Amtsträger des Landesherrn nahmen aus der Perspektive ihres kleinstädtischen und ländlichen Umfelds gesehen eine Schlüsselstellung ein. Sie standen im Fokus eines Büschels von Beziehungen mit subalternen Amtsträgern und kommunalen Honoratioren und stellten das entscheidende Bindeglied zwischen territorialem Fürstenstaat, Amtsort und dessen Umland dar. Gefragt wird nach dem Einfluß personaler Beziehungen der Amtsträger im Zusammenhang mit einigen ihrer zentralen Funktionen, der Vergabe von Konzessionen und von öffentlichen Aufträgen, bei der Bestellung der Pfarrer, bei der Bestimmung der Dorfvorsteher, bei der Zehntverpachtung, bei der Auswahl der Mühlen- und Domänenpächter und bei der Freistellung von der Militärdienstpflicht. Amtsrechnungen und die Überlieferung der Domänenverwaltung enthalten Hinweise über die Vergabe von Konzessionen und die Verhängung von Strafen. Sie ermöglichen Aufschlüsse über eventuelle Vergünstigungen von Amtsträgern gegenüber ihrem Klientel und Sanktionen gegenüber Widerstrebenden. Wichtige Quellengruppen bilden Visitations- und Untersuchungsprotokolle, die punktuell entstanden anlässlich von Visitationen der Ämter durch landesherrliche Kommissionen sowie aufgrund einzelner Beschwerden von Untertanen bei den landgräflichen Behörden.

Ausserdem analysiert das deutsche Regionalprojekt die Einbindung der landesherrlichen und kommunalen Amtsträger in die lokalen Kreditbeziehungen und Immobiliengeschäfte. Kredite wie Immobilien gehörten zu den wesentlichen ökonomischen Ressourcen, für ihren Transfer spielten soziale Beziehungen eine große Rolle. Die Art und Weise, in der Amtsträger unmittelbar in solche ökonomischen und sozialen Praktiken einbezogen waren, lässt Rückschlüsse auf ihre Positionierung in der lokalen Gesellschaft zu. Darüber hinaus kommt die vor allem von den landesherrlichen Amtsträgern ausgeübte institutionelle Kontrolle des Kredit- und Bodenmarkt in den Blick. Der hessische Territorialstaat hatte massives fiskalisches wie ordnungspolitisches Interesse daran, über seine lokalen Amtsträger und deren justizielle und administrative Funktionen Kreditbelastungen und Besitzwechsel zu dokumentieren sowie die Konfliktaustragung zu regulieren. Als Schlüsselquellen dienen dabei die Protokolle des Stadt- und des Amtsgerichts Grebenstein im Rahmen der Zivilgerichtsbarkeit und der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Pfand- und Währschaftsbücher) beider Institutionen. Sie ermöglichen es zu analysieren, welche Rolle den Amtsträgern bei der Herstellung und Stabilisierung von Kreditnetzwerken zukam, welchen Einfluß die institutionelle Kontrolle hatte bzw. wie die Institutionen lokaler Herrschaft von den Beteiligten zur Herstellung von Öffentlichkeit, zur Kontrolle und zur Interessendurchsetzung genutzt wurden.

Die lokalen Institutionen der Justiz waren nicht allein mit Zivilverfahren und administrativen Akten, sondern auch mit Straf- bzw. Policeysachen befaßt, mithin mit einem Aspekt der Herrschaftsausübung, dem der hessische Territorialstaat ebenfalls intensive Aufmerksamkeit zuwandte. Der dritte thematische Schwerpunkt des Regionalprojekts wird daher bei den gerichtlichen Praktiken bei der Untersuchung und Sanktionierung von Strafsachen sowie bei den Formen der ‚Justiznutzung’ durch die Bevölkerung gesetzt. Dabei steht das Grebensteiner Stadtgericht im Mittelpunkt: Anders als das Amtsgericht, das der landesherrliche Amtmann allein hegte, nahmen am Stadtgericht auch die Bürgermeister und Ratsherren teil. Wie die Strafgerichtsbarkeit im Kräftefeld von landesherrlichen und kommunalen Kompetenzen und der sozialen Hierarchie der Stadt ausgeübt wurde, kann mit Hilfe der bereits erwähnten Stadtgerichtsprotokolle sowie weiterer Kriminalakten geklärt werden.

Internationaler Vergleich

Aufgrund der Quellenlage operieren Historikerinnen und Historiker in der Regel mit einem auf den Einzelfall zugeschnittenen Instrumentarium. Auch die Regionalprojekte zu Böhmen, Ungarn und Hessen sind zu regional- und gegenstandsspezifischen Lösungen gelangt. Um die Phänomene jedoch besser beschreiben, für sich analysieren und schliesslich miteinander vergleichen zu können, versuchen wir eine Begrifflichkeit weiter zu entwickeln, Kriterien für das Vorliegen von personalen Bindungen zu benennen und die kulturellen Muster personaler Verflechtungszusammenhänge zu vergleichen. Am Ende soll die Entwicklung eines Kriterienbündels stehen, durch das die Bedeutung und Reichweite von klientelaren und verwandtschaftlichen Netzwerken in verschiedenen Region und Zeiten besser bestimmt werden kann.

Die Vergleichbarkeit zwischen den regionalen Teilprojekten wird dadurch gewährleistet, dass sich die Untersuchungen auf das Handeln und die Beziehungen von Amtsträgern richten, die ähnliche Funktionen innerhalb der lokalen Rechtsprechung und Verwaltung in Böhmen, Ungarn und Hessen ausgeübt haben. Um die Stellung der lokalen Amtsträger zu beschreiben und ihr Handeln zu deuten, wird eine variable Matrix genutzt, mit folgenden Dimensionen: Die erste Dimension handelt von den Grundlagen lokaler Macht. Das reicht von der Einbindung der lokalen Amtsträger in den Personenverband einer territorialen oder herrschaftlichen oder ständischen Verwaltung, über ihr Verhältnis zu konkurrierenden Machtträgern, bis zum Umgang mit den lokalen Korporationen und Ortsobrigkeiten. Um die verschiedenen Erscheinungsformen personaler Verflechtung erfassen zu können, orientieren wir uns an der kategorialen Einteilung nach Familie, Freundschaft, Patronage und Landsmannschaft. Eine zweite Dimension umfasst das jeweilige Aufgabenregime, mit seinen spezifischen Normen und Verfahrensweisen sowie den Anforderungen an die ‚Qualität’ des Amtshandelns. Hierzu gehören beispielsweise Art und Umfang der Schriftlichkeit sowie die Berücksichtigung von autochthonen und gelehrten Rechtstraditionen. Die dritte Dimension handelt von den kulturellen Bedingungen obrigkeitlichen Handelns, von den in einer Zeit ‚vorrätigen’ Sprachen und symbolischen Formen der Über- und Unterordnung sowie der Kooperation, damit auch von den ethischen Referenzpunkten legitimen Handelns.

Diese drei Dimensionen sind unseres Erachtens geeignet, das institutionelle Arrangement zu charakterisieren, in dem der einzelne Amtsträger tätig wurde. Dieses Modell wird flexibel gehandhabt: Veränderungen in einer der Dimensionen wälzten nicht unbedingt das gesamte Koordinatensystem um. Autonomer Wandel ist demnach darin ebenso vorgesehen wie gleichgerichtete Veränderungen in mehreren Dimensionen und antagonistische Prozesse. Angesichts der Vielfalt der untersuchten Bedingungen ist das gleichzeitige Auftreten unterschiedlicher Phänomene zu erwarten. Nur wenn diese Rahmenbedingungen in die Analyse einbezogen werden, lässt sich die Frage nach dem Einfluss der sozialen Umwelt auf die lokale Rechtsprechung und Verwaltung einer Antwort näher bringen.

Am Ende unserer Untersuchung soll ein vollständigeres Bild der Loyalitäten und Antagonismen stehen, die den Handlungsfeldern in den politischen, administrativen und justiziellen Arenen ihre spezifische Färbung verliehen. Die Identifizierung von Ensembles sprachlicher Formen soll es ermöglichen, diese Handlungsfelder auf einer erweiterten Grundlage zueinander in Beziehung zu setzen. Deren Zusammenspiel, Interferenzen und Reibungen sind in den einzelnen Untersuchungsregionen besser erkennbar und wir sehen deutlicher, wie Entscheidungen zustande kamen, was ihre Durchsetzung begünstigte und wo die Konfliktpotentiale lagen. Aufgrund des internationalen Vergleichs – so unsere Hoffnung – wird man Gemeinsamkeiten und Spezifika benennen und so die verschiedenen konfessionellen, regionalen oder nationalen politischen Kulturen besser charakterisieren können.

Es ist vorgesehen, die Ergebnisse der Regionalprojekte in mehreren Monographien in den Muttersprachen der jeweiligen Bearbeiterinnen und Bearbeiter zu veröffentlichen. Der Ertrag des internationalen Vergleichs wird durch eine gemeinsame Abschlußpublikation der Projektleiter dokumentiert. Dieser Abschlussband wird außer den wichtigsten Ergebnissen aus den Regionalprojekten eine synthetisierende Darstellung des Vergleichs in deutscher Sprache umfassen. Darüber hinaus richtet das Projekt im April 2004 eine internationale Konferenz aus, an der Historkerinnen und Historiker teilnehmen werden, die sich mit den Ausprägungen lokaler Herrschaft im Alten Reich, in der Habsburger Monarchie, in Ostmitteleuropa, den mediterranen Ländern, aber auch in Westeuropa und Skandinavien befaßt haben. Die Ergebnisse der Konferenz werden in einem Sammelband dokumentiert.

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[1] Vgl. hierzu die Beiträge des Tagungsbandes von Joachim Bahlcke u.a. (Hg.): Ständefreiheit und Staatsgestaltung in Ostmitteleuropa. Übernationale Gemeinsamkeiten in der politischen Kultur vom 16.-18. Jahrhundert. Leipzig 1996. Grundlegende Vergleichsangebote, die vor allem auf die Überlegungen von Otto Hintze rekurrieren, finden sich bei Gottfried Schramm: Polen – Böhmen – Ungarn. Übernationale Gemeinsamkeiten in der politischen Kultur des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. In: ebd. S. 13-38; Wolfgang Neugebauer: Raumtypologie und Ständeverfassung. Betrachtungen zur vergleichenden Verfassungsgeschichte am ostmitteleuropäischen Beispiel. In: ebd. S. 283-310; ders.: Standschaft als Verfassungsproblem. Die historischen Grundlagen ständischer Partizipation in ostmitteleuropäischen Regionen. Goldbach 1995.

[2] Zu Begriff und Theorie der ‚Institution’ und zu den Implikationen für Sozialwissenschaften und Geschichte sei verwiesen auf Helmut Schelsky: Zur soziologischen Theorie der Institution. In: ders. (Hg.): Zur Theorie der Institution. Düsseldorf 1970. S. 10-26; Gert Melville: Institutionen als geschichtswissenschaftliches Thema. Eine Einleitung. In: ders. (Hg.): Institutionen und Geschichte. Theoretische Aspekte und mittelalterliche Befunde. Köln 1992. S. 1-24; Gerhard Göhler: Politische Institutionen und ihr Kontext. Begriffliche und konzeptionelle Überlegungen zur Theorie politischer Institutionen. In: ders. (Hg.): Die Eigenart der Institutionen. Zum Profil politischer Institutionentheorie. Baden-Baden 1994. S. 19-46; Karl-Siegbert Rehberg: Institutionen als symbolische Odnungen. Leitfragen und Grundkategorien zur Theorie und Analyse institutioneller Mechanismen. In: ebd.. S. 47-84; Gerhard Göhler: Der Zusammenhang von Institution, Macht und Repräsentation. In: ders. u.a. (Hg.): Institution – Macht – Repräsentation. Wofür politische Institutionen stehen und wie sie wirken. Baden-Baden 1997. S. 11-62; Reinhard Blänkner: Überlegungen zum Verhältnis von Geschichtswissenschaft und Theorie politischer Institutionen. In: ebd.. S. 85-122.

[3] Vgl. Nicholas Henshall: The myth of absolutism. Change and continuity in early modern European monarchy. London 1992; Martin Dinges: Frühneuzeitliche Justiz. Justizphantasien als Justiznutzung am Beispiel von Klagen bei der Pariser Polizei im 18. Jahrhundert. In: Heinz Mohnhaupt u. Dieter Simon (Hg.): Vorträge zur Justizforschung. Geschichte und Theorie 1. Frankfurt/M. 1992. S. 269-292; Ronald G. Asch (Hg.): Der Absolutismus – Ein Mythos? Strukturwandel monarchischer Herrschaft in West- und Mitteleuropa (ca. 1550-1700). Köln 1996; Jürgen Schlumbohm: Gesetze, die nicht durchgesetzt werden – ein Strukturmerkmal des frühneuzeitlichen Staates? In: Geschichte und Gesellschaft 23 (1997). S. 647-663; Wolfgang Reinhard: Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart. München 1999. S. 196-209; Achim Landwehr: „Normdurchsetzung“ in der Frühen Neuzeit? Kritik eines Begriffs. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 48 (2000). S. 146-162; Ernst Hinrichs: Fürsten und Mächte. Zum Problem des europäischen Absolutismus. Göttingen 2000. S. 19-36.

[4] In diesem Zusammenhang ist vor allem hinzuweisen auf die Arbeiten von André Holenstein: „Local-Untersuchung“ und „Augenschein“. Reflexionen auf die Lokalität im Verwaltungsdenken und -handeln des Ancien Régime. In: WerkstattGeschichte 16 (1997). S. 19-31; ders.: Die Umstände der Normen – die Normen der Umstände. Policeyordnungen im kommunikativen Handeln von Verwaltung und lokaler Gesellschaft im Ançien Régime. In: Karl Härter (Hg.): Policey und frühneuzeitliche Gesellschaft. Frankfurt a.M. 2000. S. 1-46.

[5] Charles Tilly: Big structures, large processes, huge comparisons. New York 1984. Die maßgebliche Literatur und eine sehr nützliche Diskussion der verschiedenen Ansätze vergleichender historischer Arbeit finden sich bei Hartmut Kaelble: Der historische Vergleich. Eine Einführung zum 19. und 20. Jahrhundert. Frankfurt/M; New York 1999.

[6] Einführungen in die Methode einschließlich der maßgeblichen Literatur bei Franz Urban Pappi (Hg.): Methoden der Netzwerkananlyse. München 1987; Thomas Schweizer (Hg.): Netzwerkanalyse. Ethnologische Perspektiven. Berlin 1989; Dorothea Jansen: Einführung in die Netzwerkanalyse. Grundlagen, Methoden, Anwendungen. Opladen 1999. Kritische Konzeptualisierung für die historische Forschung bei Bernard Wellmann u. Charles Wetherell: Social Network Analysis of Historical Communities. Some Questions from the Present for the Past. In: The History of the Family 1 (1996). S. 97-121.

[7] Wolfgang Reinhard: Freunde und Kreaturen. „Verflechtung“ als Konzept zur Erforschung historischer Führungsgruppen. Römische Oligarchie um 1600. München 1979.

[8] Vgl die Überblicksdarstellung von Gunner Lind: Great Friends and Small Friends. Clientelism and the Power Elite. In: Wolfgang Reinhard (Hg.): Power Elites and State Building. Oxford 1996. S. 123-147. Gute Überblicke über die breite soziologische, politologische und anthropologische Forschungsliteratur zum Klientelismus bieten Jeremy Boissevain: Friends of friends. Networks, manipulators and coalitions. Oxford 1974; Steffen W. Schmidt u.a. (Hg.): Friends, Followers, and Factions. A Reader in Political Clientelism. Berkeley; Los Angeles 1977; Semû'el Noah Aiznstadt u. René Lemarchand (Hg.): Political Clientelism, Patronage and Development. Beverly Hills 1981; Semû'el Noah Aiznstadt u. Luis Roniger: Patrons, Clients and Friends. Interpersonal Relations and the Structure of Trust in Society. Cambridge 1984; Hans-Heinrich Nolte: Patronage und Klientel. Das Konzept in der Forschung. In: ders. (Hg.): Patronage und Klientel. Ergebnisse einer polnisch-deutschen Konferenz. Köln 1989. S. 1-17; Semû'el Noah Aiznstadt: Power, Trust, and Meaning. Essays in Sociological Theory and Analysis. Chicago 1995.

[9] Árpad von Klimó: Staat und Klientel im 19. Jahrhundert. Administrative Eliten in Italien und Preußen im Vergleich 1860-1918. Köln 1997; Mark Häberlein: Brüder, Freunde und Betrüger. Soziale Beziehungen, Normen und Konflikte in der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Berlin 1998.

[10] Antoni Mączak (Hg.): Klientelsysteme im Europa der Frühen Neuzeit. München 1988.

[11] Hinzuweisen ist auf neuere Arbeiten, die sich mit den Verhältnissen in der höfischen Gesellschaft der Habsburger Monarchie mit Hilfe eines verflechtungsanalytischen Ansatz befassen. Beatrix Bastl u. Gernot Heiss: Hofdamen und Höflinge zur Zeit Kaiser Leopold I. Zur Geschichte eines vergessenen Berufsstandes. In: Vaclav Bůžek (Hg.): Zivot na dvorech barokni šlechty (1600-1750). Česke Budejovice 1996. S. 187-265; Markus Reisenleitner: Habsburgische Höfe in der frühen Neuzeit. Entwicklung und Forschungsprobleme. In: Václav Bůžek u. Pavel Král (Hg.): Aristokratické rezidence a dvory v raném novověku [Aristokratische Residenzen und Höfe in der frühen Neuzeit]. Ceské Budějovice 1997. S. 97-114; Mark Hengerer: Adelsintegration am Kaiserhof (1618-1665). Zeremoniell, Personal, Finanzen, Netzwerke. In: Frühneuzeit-Info 9 (1998). S. 274-279; Thomas Winkelbauer: Fürst und Fürstendiener. Gundaker von Liechtenstein, ein österreichischer Aristokrat des konfessionellen Zeitalters. Wien; München 1999. S. 255-287; Mark Hengerer u. Rudolf Schlögl: Politische und soziale Integration am Wiener Hof. Adelige Bestattung als Teil der höfischen Symbol- und Kommunikationsordnung. In: Mitteilungen der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 10 (2000). H. 1. S. 15-35; Stefan Sienell: Die Geheime Konferenz unter Kaiser Leopold I. Personale Strukturen und Methoden zur politischen Entscheidungsfindung am Wiener Hof. Frankfurt/M. u.a. 2001; Sigrid Freisleben u.a.: Die Wiener Hofgesellschaft während der Regierungszeit Kaiser Leopolds I. (1657-1705). Eine Projektvorschau. In: Mitteilungen der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 12 (2002). H. 1. S. 30-39; Jeroen Duindam: Vienna und Versailles. The court of Europe’s dynastic rivals c. 1550-1780. Cambridge 2003.

[12] Hierzu demnächst Heiko Droste: Patronage in der Frühen Neuzeit. Institution und Kulturform. In: Zeitschrift für Historische Forschung 2 (2003).

[13] Nicht gemeint ist in diesem Zusammenhang die Historische Demographie oder die Historische Familienforschung, sondern die Frage nach dem Einfluss familialer Beziehungen beim Zustandekommen von politischen Entscheidungen in einem sehr weiten Sinne. Für Süd- und Westeuropa kann an dieser Stelle lediglich auf einige neuere Arbeiten verwiesen werden: Eduardo Grendi: The Political System of a Community in Liguria. Cervo in the Late Sixteenth and Early Seventeenth Centuries. In: Edward Muir u. Guido Ruggiero (Hg.): Microhistory and the Lost Peoples of Europe. Selections from Quaderni Storici. Baltimore 1991. S. 119-158; ders.: Il Cervo e la Repubblica. Il modelo ligure di antico regime. Turino 1993; Arlette Jouanna: Le Devoir de révolte. La noblesse française et la gestation de l´État moderne. Paris 1994; Giovanna Benadusi, Rethinking the state. Family strategies in early modern Tuscany. In: Social History 20 (1995). S. 157-178; Wolfgang Reinhard u. Wolfgang Weber: Power elites of Augsburg and Rome. 1500-1600. Experiences with prosopographical research. In: Jean-Philippe Genet u. Günther Lottes (Hg.): L’État moderne et les élites. XIIIe - XVIIIe siècle. Apports et limites de la méthode prosopographique. Paris 1996. S. 213-231; Juan L. Castellano u. Jean-Pierre Dedieu: Réseaux, familles et pouvoirs dans le monde ibérique à la fin de l´Ancien Régime. Paris 1998.

[14] Julian A. Pitt-Rivers (Hg.): Mediterranean Countrymen. Essays in the Social Anthropology of the Mediterranean. Paris 1963; Wolfgang Reinhard: Papstfinanz und Nepotismus unter Paul V. (1605-1621). Studien und Quellen zur Struktur und zu quantitativen Aspekten des päpstlichen Herrschaftssystems. Stuttgart 1974; Ernest Gellner u. John Waterburg (Hg.): Patrons and Clients in Mediterranean Societies. London 1977; Christian Giordano: Die Betrogenen der Geschichte. Überlagerungsmentalität und Überlagerungsrationalität in mediterranen Gesellschaften. Frankfurt/M. 1992; Christian Windler: Lokale Eliten, seigneurialer Adel und Reformabsolutismus in Spanien (1760-1808). Das Beispiel Niederandalusien. Stuttgart 1992; Charles Giry-Deloison u. Roger Mettam (Hg.): Patronages et Clientèlismes 1550-1750 (France, Angleterre, Espagne, Italie). Lille 1995; Wolfgang Reinhard: Amici e creature. Politische Mikrogeschichte der römischen Kurie im 17. Jahrhundert. In: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 76 (1996). S. 308-334; Christian Windler: Beziehungen makeln. Gemeinde und königliche Gerichte in Spanien im ausgehenden Ancien Régime. In: Zeitschrift für Historische Forschung 24 (1997). S. 53- 87; ders.: Clientèles royales et clientèles seigneuriales vers la fin de l´ancien régime. Un dossier espagnol. In: Annales. Histoire, Sciences Sociales 2 (1997). S. 293-319; Jean-Luis Briquet, Clientelismo e processi politici. In: Quaderni storici 97 (1998). S. 9-30; Anja Huovinen u. Antonio Sáez-Arance: Integration der Regionen, Vernetzung der Eliten. Perspektiven der Regionalgeschichte in Spanien (1750-1850). In: Stefan Brakensiek u. Axel Flügel (Hg.): Regionalgeschichte in Europa. Methoden und Erträge der Forschung zum 16. bis 19. Jahrhundert. Paderborn 2000. S. 45-65.

[15] Lewis Bernstein Namier: The structure of politics at the accession of George III.. London 1929; Roland Mousnier: Les concepts d’„ordres“, d’„états“, de „fidélité“ et de la „monarchie absolue“ en France de la fin du XVe siècle à la fin du XVIII e. In: Revue Historique 247 (1972). S. 289-312; William Arthur Weary: Royal policy and patronage in Renaissance France. The monarchy and the house of La Tremoille. Yale 1972; André Corvisier: Clientèles et fidélités dans l’armée française aux XVIIe et XVIIIe siècles. In: Yves Durand (Hg.): Hommage à Roland Mousnier. Clientèles et fidélités en Europe à l’Epoque moderne. Paris 1981. S. 213-236; Rosalind Mitchison: Lordship to patronage. Scotland 1603- 1745. London 1983; Sharon Kettering: Patrons, Brokers and Clients in Seventeenth-Century France. New York 1986; Ronald M. Sunter: Patronage and politics in Scotland, 1707-1832. Edinburgh 1986; Philippe Dujardin (Hg.): Du groupe au réseau. Réseaux religieux, politiques, professionnels. Paris 1988; Betty Tuba Uzman: Kinship, friendship and gratitude. Nicolas Foucquet's patronage network 1650-1661. Baltimore 1989; Frank O’Gorman: Voters, Patrons, and Parties. The Unreformed Electoral System of Hanoverian England 1734-1832. Oxford 1989; Linda Levy Peck: Court patronage and corruption in early Stuart England. London 1990; Ronald G. Asch (Hg.): Princes, patronage, and the nobility. The court at the beginning of the modern age c.1450-1650. Oxford 1991; ders.: Der Hof Karls I. von England. Politik, Provinz und Patronage 1625-1640. Köln 1993; Catherine F. Patterson: Urban patronage in early modern England. Corporate boroughs, the landed elite, and the Crown, 1580-1640. Ann Arbor 1994; Giry-Deloison u. Mettam (Hg.): Patronages et Clientélismes; Lindsay J. Proudfoot: Urban patronage and social authority. The management of the Duke of Devonshire’s towns in Ireland, 1764-1891. Washington 1995; Joop de Jong: Prosopografie, een mogelijkheid. Eliteonderzoek tussen politieke en sociaal-culturele geschiedenis. In: Bijdragen en mededelingen betreffende de geschiedenis der Nederlanden 111 (1996). S. 201-215.

[16] Vgl. Václav Bůžek: Mezi dvorem, rezuidenčním městem a rytířskou tvrzí (Domácnosti rytířů, měšťanů a církevních hodnostářů v rožmberských službách) [Zwischen Hof, Residenzstadt und Ritterveste (Die Haushalte der Ritter, Bürger und kirchlichen Würdenträger in Diensten der Herren von Rosenberg)]. In: ders. (Hg.): Život na dvorech a v rezidenčních městech posledních Rožmberků [Das Leben an den Höfen und in den Residenzstädten der letzten Herren von Rosenberg]. České Budějovice 1993. S. 287-314; ders.: Klientela Pernštejnů a Rožmberků ve druhé polovině 16. století [Das Klientel der Pernsteins und Rosenbergs in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts]. In: Petr Vorel (Hg.): Pernštejnové v českých dějinách [Das Geschlecht der Pernsteiner in der böhmischen Geschichte]. Pardubice 1995. S. 213-225. Forschungen zur lokalen Macht können in der Geschichtsschreibung zu Böhmen an einige Traditionen, vor allem aus der Agrar- und der Verwaltungsgeschichte des frühneuzeitlichen Adels, anknüpfen. Vgl. Jaroslav Čechura: Adelige Grundherren als Unternehmer. Zur Struktur südböhmischer Dominien vor 1620. München; Wien 2000. Anregende Ausgangspunkte bilden auch die Forschungen, die sich in den 1990er Jahren auf die Adelshöfe und ihre Beziehungen zum Milieu der herrschaftlichen Residenzstädte konzentrierten. Václav Bůžek (Hg.): Život na dvorech a v rezidenčních městech posledních Rožmberků. In: ders. (Hg.): Život na dvorech barokní šlechty (1600-1750) [Das Leben an den Höfen barocker Adeliger (1600-1750)]. Ceské Budějovice 1996; Václav Bůžek u. Pavel Král (Hg.): Aristokratické rezidence a dvory v raném novověku [Aristokratische Residenzen und Adelshöfe in der frühen Neuzeit]. Ceské Budějovice 1999; dieselben (Hg.): Slavnosti a zábavy na dvorech a v rezidenčních městech raného novověku [Feste und Unterhaltung an den Adelshöfen und in den Residenzstädten der Frühen Neuzeit]. Ceské Budějovice 2000; Petr Vorel: Rezidenční vrchnostenská města v Cechách a na Moravě v 15.-17. století [Herrschaftliche Residenzstädte des 15.-17. Jahrhunderts in Böhmen und Mähren]. Pardubice 2001. Wichtige Möglichkeiten zur Erforschung lokaler Herrschaft bringen auch die Studien, die sich auf die Untertanen im frühneuzeitlichen Böhmen konzentrieren. Pavel Himl: Die ‚armben Leüte’ und die Macht. Die Untertanen der südböhmischen Herrschaft Český Krumlov/Krumau im Spannungsfeld zwischen Gemeinde, Obrigkeit und Kirche (1680-1781). Stuttgart 2003.

[17] In diesem Gegenstandsbereich stehen die Arbeiten von David Sabean praktisch isoliert da. David Warren Sabean: Property, Production, and Family in Neckarhausen, 1700-1870. Cambridge 1990; ders.: Social Background to „Vetterleswirtschaft“. Kinship in Neckarhausen. In: Rudolf Vierhaus (Hg.): Frühe Neuzeit – Frühe Moderne? Forschungen zur Vielschichtigkeit von Übergangsprozessen. Göttingen 1992. S. 113-132; ders.: Kinship in Neckarhausen, 1700-1870. Cambridge 1998.

[18] Alfred Schröcker: Die Patronage des Lothar Franz von Schönborn (1655-1729). Sozialgeschichtliche Studie zum Beziehungsnetz der Germania Sacra. Wiesbaden 1981; Gerhard Fouquet: Das Speyerer Domkapitel im späten Mittelalter (ca. 1350-1540). Adlige Freundschaft, fürstliche Patronage und päpstliche Klientel. Mainz 1987.

[19] Wolfgang Herborn: Die politische Führungsschicht der Stadt Köln im Spätmittelalter. Bonn 1977; Katarina Sieh-Burens: Oligarchie, Konfession und Politik im 16. Jahrhundert. Zur sozialen Verflechtung der Augsburger Bürgermeister und Stadtpfleger 1518-1618. München 1986; Peter Steuer: Die Außenverflechtung der Augsburger Oligarchie von 1500-1620. Studien zur sozialen Verflechtung der politischen Führungsschicht der Reichsstadt Augsburg. Augsburg 1988; Susanna Burghartz: Frauen – Politik – Weiberregiment. Schlagworte zur Bewältigung der politischen Krise von 1691. In: Anne-Lise Head-König u. Albert Tanner (Hg.): Frauen in der Stadt. Zürich 1993. S. 113-134; Wolfgang Reinhard (Hg.): Augsburger Eliten des 16. Jahrhunderts. Prosopographie wirtschaftlicher und politischer Führungsgruppen 1500-1620. Berlin 1996; Häberlein: Brüder, Freunde und Betrüger.

[20] Vgl. hierzu Kettering: Patrons, Brokers and Clients, S. 40-67; Windler: Beziehungen makeln.

[21] Hierin folgen wir Wolfgang Reinhard, der mit Nachdruck auf die exzeptionelle Bedeutung von Briefen und autobiographischen Quellen für verflechtungsanalytische Verfahren hingewiesen hat.

[22] So das verkürzte Fazit von ganzen Epochen der Geschichtsschreibung – von der vor kurzem abgedankten marxistischen Richtung, über die davor herrschende geistesgeschichtlich-protestantische Tendenz von Mályusz und den Standpunkt seines Gegners, des Katholiken Szekfű, bis hin zu den agrargeschichtlichen Ansätzen der Schule von Domanovszky. Es erhebt keinen Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit; dafür ist es nicht ganz unwahr.

[23] Péter Dominkovits: Die leitenden Beamten des Komitats Ödenburg im letzten Drittel des 17. und ersten Drittel des 18. Jahrhunderts. In: Forscher – Gestalter – Vermittler. Festschrift Gerald Schlag (=Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland 105). Eisenstadt 2001. S. 67-76; ders.: Egy Sopron megyei „kistisztviselő” a XVIII. századból [Ein „Kleinbeamter” im Komitat Sopron im 18. Jahrhundert]. In: Comitatus 4 (1994). H. 3. ders.: Hatáskörök megosztása a XVII. századi Gyõr megyében [Kompetenzverteilung im Komitat Gyõr im 17. Jahrhundert], in: Comitatus 9 (1999). H. 1-2. Vgl. auch József Hudi: A Veszprém megyei politikai elit a 18-19. században [Die politische Elite im Komitat Veszprém im 18-19. Jahrhundert]. In: László Á. Varga (Hg.): Rendi társadalom – polgári társadalom. Bd. 1. Salgótarján 1987. S. 99-109: ders.: Curialista nemesek Veszprém vármegye tisztikarában [Adlige Curialistae unter den Komitatsoffizieren]. In: Comitatus 3 (1993). H. 7-8. Ferner  Imre Ódor: A „megyei elit“ a XVIII. századi Baranyában [Die „Komitatselite“ im Komitat Baranya]. In: László Á. Varga (Hg.): Vera (nem csak) a Városban. Rendi társadalom – polgári társadalom. Supplementum. Debrecen 1995. S. 253-263.

[24] László Makkai: Economic landscapes. Historical Hungary from the fourteenth to the seventeenth century. In: Antoni Mączak, Henryk Samsonowicz, Peter Burke (Hg.): East-Central Europe in transition. Cambridge; Paris 1985. S. 24-36. Zur Weide als Wirtschaftsraum vgl. Tamás Hofer: Europäische Analogien der Entwicklung von Rinder-Monokulturen in der Großen Ungarischen Tiefebene. In: Vera Zimányi (Hg.): Studien zur deutschen und ungarischen Wirtschaftsentwicklung im 16.-20. Jahrhundert. Budapest 1985. S. 89-102. Zur Dreiteilung Ungarns gemäß der Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur siehe Imre Wellmann: A magyar mezőgazdaság a XVIII. században [Die ungarische Landwirtschaft im 18. Jahrhundert]. Budapest 1979.

[25] Imre Wellmann: Communautés de viticulteurs dans la Hongrie des XVIIe-XVIIIe siécles. In: La Pensée 173 (1974). S. 55-70; ders.: Kontinuität und Zäsur in Ungarns Bauernleben zur Zeit Maria Theresias und Josephs II. In: Österreich im Europa der Aufklärung. Kontinuität und Zäsur in Europa zur Zeit Maria Theresias und Josephs II. Internationales Symposion in Wien 20.-23. Oktober 1980. Wien 1985. S. 87-119.

[26] Ágnes Kovács: Károlyi Sándor. Budapest 1988. Graf Alexander Károlyi war die politisch bedeutendste Persönlichkeit der Familie, was die Monographie hervorragend zum Ausdruck bringt. In Ermangelung einer Schilderung der späteren Generationen ist es weniger ins Bewußtsein gelangt, wie viel geringere Mittel diesem grand seigneur zur Verfügung standen als seinen Enkeln.

[27] András Vári: A nagybirtok birtokigazgatásának bürokratizálódása a 17-19. században [Die Bürokratisierung der Güterverwaltung auf dem Großgrundbesitz im 17.-19. Jahrhundert]. In: Történelmi Szemle 32 (1990), S. 1-28.

[28] Die Angaben über die Károlyi-Besitzungen sind errechnet worden aus Gábor Éble (Red.): A nagy-károlyi gróf Károlyi család összes jószágainak birtoklási története [Die Geschichte sämmtlicher Besitzungen der gräflichen Familie Károlyi von Nagy-Károly]. Budapest 1911. Die Angaben über die Zahl der bäuerlichen Stellen im Komitat sind entnommen aus Gyula Benda: Statisztikai adatok a magyar mezőgazdaság történetéhez 1767-1867. Budapest 1973. S. 146.

[29] Zur Rolle des Komitats vgl. Károly Galgóczy: Megyerendszer hajdan és most [Das Komitatssystem damals und heute]. 4 Bde. Pest 1847; Horst Haselsteiner: Joseph II. und die Komitate Ungarns. Herrscherrecht und ständischer Konstitutionalismus. Wien 1983. Über die josephinischen Refomen in der Verwaltung Lajos Hajdú: A közjó szolgálatában. A jozefinizmus igazgatási és jogi reformjairól [Im Dienste des Allgemeinwohls. Über die Verwaltungs- und Rechtsreformen des Josefinismus]. Budapest 1983.

[30] András Vári: Der Großgrundbesitz als Konfliktgemeinschaft. In: Jan Peters (Hg.): Gutsherrschaftsgesellschaften im europäischen Vergleich. Berlin 1996. S. 253-273; ders.: Gnade und Kontrakt. Die Emanzipationsbestrebungen der Herrschaftsbeamten auf dem ungarischen Großgrundbesitz im 19. Jahrhundert. In: Historische Anthropologie 5 (1997). H. 2. S. 187-211.

[31] Vgl. Vaclav Bůžek (Hg.): Poslední páni z Hradce [Die letzten Herren von Neuhaus]. České Budějovice 1998; Vaclav Bůžek, Josef Hrdlička u.a.: Dvory velmožů s erbem růže. Všední a sváteční dny posledních Rožmberků a pánů z Hradce [Die Höfe der Magnaten mit der Rose im Wappen. Die All- und Feiertage der letzten Rosenberger und Herren von Neuhaus]. Praha 1997. Zu den Slawatas vgl. Josef Jireček: Leben des Obersten Hofkanzlers von Böhmen Wilhelm Grafen Slavata. Praha 1876; Peter Maťa: Leopold I. a poslední Slavata. K osobní korespondenci panovníků raného novověku [Leopold I. und der letzte Slawata. Zur Privatkorrespondez der Herrscher in der frühen Neuzeit], in: Ivan Hlaváček, Jan Hrdina (Hg.): Facta probant homines. Sborník příspěvků k jubileu prof. Dr. Zdeňky Hledíkové. Praha 1998. S. 245-257.

[32] Die Forschung widmete sich bisher nur der obrigkeitlichen Kanzlei unter den letzten Herren von Neuhaus. Josef Hrdlička: Adam II. z Hradce a jeho dvůr [Adam II. von Neuhaus und sein Hof]. In: Vaclav Bůžek: Poslední páni z Hradce. S. 127-144. Zu einzelnen Beamten existieren nur ältere Studien: František Teplý: Burian Celerin Braumhauzský z Rozstejna. In: Sborník Historického kroužku 16 (1915), S. 113-122, S. 177-187, 17 (1916), S. 20-36, S. 112; ders.: Dva staří hospodáři čeští (Štěpán Vratislav z Mitrovic, † 1587, Jiřík, bratr jeho, † 1603) [Zwei alte böhmische Wirtschafter (Štěpán Vratislav vo Mitrovice, † 1587, Jiřík, sein Bruder, † 1603)]. Olomouc 1916; ders.: Slavatovské palatinaty [Die Slawata-Palatiner]. In: Český časopis historický 30 (1924), S. 470-501; František Tischer: Purkrabí, hejtmani a vrchní na Hradci [Burggrafen, Hauptleute und Oberbeamte in Neuhaus]. In: Ohlas od Nežárky 27 (1897). S. 2-31; ders.: Po stopách jindřichohradeckých rodin šlechtických a erbovních [Auf den Spuren der Neuhauser Adels- und Wappenbürgerfamilien]. In: Časopis společnosti přátel starožitností 32 (1924), S. 120-128.

[33] Zu Tradition und Methoden solcher Forschungen im tschechischen Raum vgl. Vaclav Bůžek u.a.: Společnost aristokratických dvorů v českých zemích (1550-1740). Teze vědeckého projektu [Die Gesellschaft der aristokratischen Höfe in den böhmischen Ländern 1550-1740]. In: Jihočeský sborník historický 64 (1995). S. 196-206.

[34] Zur Stadtgeschichte František Teplý: Dějiny města Jindřichova Hradce [Geschichte der Stadt Neuhaus]. I/1-4, II/1-3. Jindřichův Hradec 1927-1934.

[35] Zuletzt Josef Hrdlička: Konflikt jindřichohradeckých měšťanů s Vilémem Slavatou v pamětech Jiříka ze Kře [Der Konflikt der Neuhauser Bürger mit Wilhelm Slawata in den Memoiren von Jiřík von Kře]. In: Jihočeský sborník historický 69/70 (2000/2001). S. 188-208.

[36] Zum regionalen Machtsystem Bohuslav Rieger: Zřízení krajské v Čechách I [Kreisordnungen in Böhmen I]. Praha 1889; Vaclav Bůžek: Nižší šlechta v politickém systému a kultuře předbělohorských Čech [Der niedere Adel im Machtystem und in der Kultur Böhmens vor der Schlacht am Weißen Berg]. Praha 1996.

[37] Vgl. Vaclav Bůžek: „Páni a přátelé“ v myšlení a každodenním životě české a moravské šlechty na prahu novověku [„Herren und Freunde“ im Denken und Alltagsleben des böhmischen und mährischen Adels am Beginn der Neuzeit]. In: Český časopis historický 100 (2002), S. 229-264.

[38] Vgl. Vaclav Ledvinka: Úvěr a zadlužení feudálního velkostatku v předbělohorských Čechách (Finanční hospodaření pánů z Hradce z let 1560-1596) [Kredit und Verschuldung des Feudalgroßgrundbesitzes in Böhmen vor dem Weißen Berg (Finanzwirtschaft der Herren von Neuhaus 1560-1596)]. Praha 1985. Wegen des Umfangs des einschlägigen Archivmaterials sei nur auf die wichtigsten Fonds hingewiesen: Státní oblastní archiv (Staatliches Regionalarchiv) Třeboň, Arbeitsstelle Neuhaus, Familienarchiv (weiter FA) der Herren von Neuhaus, FA der Slawata, FA der Tschernin, Großgrundbesitz Neuhaus, Großgrundbesitz Nová Bystřice, Wirtschaftskalender, Tscherniner Zentralverwaltung; Státní ústřední archiv (Staatliches Zentralarchiv) Praha, Appellationsgericht, Berní rula, Religiöse Bruderschaften, Alte Manipulation; Státní okresní archiv (Staatliches Bezirksarchiv) Jindřichův Hradec, Archiv der Stadt Neuhaus, Archiv der Stadt Nová Bystřice, Neuhauser Zünfte, Propstei, Handschriften Neuhaus; Státní okresní archiv (Staatliches Bezirksarchiv) Jihlava, Archiv der Stadt Telč; Archiv Národního muzea v Praze (Archiv des Nationalsmuseums in Prag), Topographische Sammlung; Moravský zemský archiv (Mährisches Landesarchiv) Brno, Großgrundbesitz Telč, Matrikelbücher.

[39] František Tischer (Hg.): Dopisy hejtmana Šťastného Pušperského z Pleší ku p. Jachymovi z Hradce (1553-1561) [Briefe des Hauptmanns Šťastný Pušperský von Pleší dem Herrn Joachim von Neuhaus (1553-1561)]. Praha 1904.

[40] František Teplý: Kopiář úředních listů Jiříka Vratislava z Mitrovic, hejtmana na Hluboké, z let 1580-1583 [Das Kopierbuch der Amtsbriefe von Jiřík Vratislav von Mitrovice, Hauptmann in Hluboká nad Vltavou 1580-1583]. In: ders.: Příspěvky k dějinám českého zemědělství. Praha 1926. S. 119-161.

[41] Josef Hrdlička: Deníkové záznamy jindřichohradeckého měšťana Jiříka Pavlovského z počátku 17. století [Tagebuchnotizen des Neuhauser Bürgers Jiřík Pavlovský aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts]. In: Jihočeský sborník historický 72 (2003) [im Druck].

[42] Josef Hrdlička: Autobiografie Jana Nikodéma Mařana Bohdaneckého z Hodkova [Autobiographie von Jan Nikodém Mařan Bohdanecký von Hodkov]. České Budějovice 2003.

[43] Jan Jireček (Hg..): Paměti nejvyššího kancléře Království českého Viléma hraběte Slavaty I-II [Memoiren des Oberkanzlers des Königreichs Böhmen Wilhelm Grafen Slawata I-II]. Praha 1866-1868.

[44] František Teplý: Domy města Jindř. Hradce [Häuser in Neuhaus]. Jindřichův Hradec o.J.; Josef Rampula: Domy v Telči [Häuser in Telč]. Telč 1999.

[45] Stefan Brakensiek: Fürstendiener – Staatsbeamte – Bürger. Amtsführung und Lebenswelt der Ortsbeamten in niederhessischen Kleinstädten (1750-1830). Göttingen 1999. Dabei kamen prosopographische und netzwerkanalytische Methoden zur Anwendung, die nun erneut genutzt werden. In der Studie stehen die institutionellen und informellen Kontakte der lokalen Amtsträger zu den Machtträgern am Hof und in den Zentralbehörden im Zentrum.

[46] Alle Bevölkerungszahlen gelten für das Ende des 18. Jahrhunderts.

[47] Ch. Brendel: Kirchenbuch Grebenstein 1639-1800, 3 Bde. [maschinenschriftlich]. o.O. o.J.; Daniel Fritz Schotte: Ortssippenbuch der Gemeinde Calden 1681-1875. Vellmar 1996; Monika Rudolph: Kirchenbuch der Gemeinde Mariendorf 1709-1750. Immenhausen 1996; dies.: Kirchenbuch der Gemeinde Mariendorf 1751-1802. Immenhausen 1996; Karl-Heinz Taenzer: Kirchenbuch der Gemeinde Mariendorf 1790-1830. Immenhausen 1996.

[48] Auf den Nachweis der Quellen wird an dieser Stelle verzichtet. Die maßgeblichen Archivalien finden sich im Staatsarchiv Marburg, im Stadtarchiv Grebenstein sowie in der Murhardschen Bibliothek Kassel.